Warum gab es eigentlich von der 71er Session so viele improvisierte Songs auf den tapes?
Hi Joe, ich würde das vielleicht so beschreiben. Obwohl man das Studio mit Weihnachtsdeko geschmückt hatte, tat Elvis sich schwer, im Mai Weihnachtslieder aufzunehmen. Wenn ihn ein Song zu sehr langweilte, wie "Silver bells" oder "Winter wonderland", brach er gerne thematisch aus und jammte mit der Band. "Don't think twice" entstand aus so einer Situation - einfach aus Spaß, nachdem man gerade "Winter wonderland", einen Song, den Elvis überhaupt nicht leiden konnte, hinter sich gebracht hatte und Felton Jarvis noch beschäftigt war, den Master herauszuschneiden. Als Felton erkannte, was da ablief, versuchte er fast schon panisch, das Tape wieder zum Laufen zu bringen, immerhin hatte er damals schon das Problem, nie genügend Material zusammen zu bekommen. "I got a woman" und "That's all right" liegen uns nicht vor, sie wurden wohl während den Takes zu "On a snowy Christmas night" und "Winter wonderland" aufgenommen. Dieses Tape Reel #2 wurde gelöscht und im späteren Verlauf der Session nochmals verwendet. Darauf hätten sich auch Outtakes von "On a snowy..." und die ersten 6 Takes von "Winter wonderland" befunden. Auch "The Lord's prayer" ist nur eine spaßige Geschichte von Elvis während er "I'll be home on Christmas day" aufnahm, ebenso "Johnny B. Goode" und "Lady Madonna", das wohl gemäß Joergensen aus der Geschichte entstand, wo Elvis die Entwaffnung einer Pistole demonstrierte und diese sich dann in hohem Bogen in Chip Young's Gitarre bohrte. Alles also keine Songs, die man wirklich aufnehmen wollte.
Zu den drei Piano Songs sei noch hinzugefügt. Elvis hatte sich nach einer Essenspause in den Kopf gesetzt, die Stimmung zu demonstrieren und festzuhalten, die er hat, wenn er zu Hause für sich alleine Songs aufnimmt. Felton Jarvis war hiervon überhaupt nicht begeistert, weil es überhaupt nicht das Material war, was er eigentlich aufnehmen wollte. Trotzdem ließ man das Band mitlaufen. Später änderte Felton dann seine Meinung und war im Gegenteil auf einmal sehr angetan von den Songs. Mit entsprechenden Overdubs könne man daraus "great tunes" machen, berichtete er dem Colonel stolz. Insofern wurden diese Songs nicht wie das obere Material zufällig mitgeschnitten oder improvisiert, sondern durchaus ernsthaft in ein bis zwei Takes (und ein paar Fehlstarts) aufgenommen.
Elvis - Back In Nashville (4 CDs)
