Elvis Singles Under Review
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"Heartbreak hotel"... was für eine seltsame Single. Nichts, aber auch nichts an dem Stück schreit nach "Hit-Song", kein Refrain zum mitsingen, kein geeigneter Rhythmus um dazu zu tanzen. Eine düstere Stimmung zeigt sich nicht nur in Musik, sondern auch in dem Text. Natürlich gibt und gab es auch schon zu dem Zeitpunkt andere dunkele Lieder, aber für einen Popsong - mit Teenagern als Zielpublikum - ist man hier doch weit vom Mainstream entfernt. Und niemand galubte an das Stück oder wollte es veröffentlichen. Sogar Sam Phillips, der immer dafür war, Neues auszuprobieren, konnte nichts mit "Heartbreak hotel" anfangen.
Und doch sah Elvis irgendwas in diesem Lied, das ihn dazu veranlasste, es als seine erste Single für RCA zu wählen. Der große Erfolg und bis heute legendäre Status geben ihm Recht und zeigen, dass Elvis' Vision von seiner Musik eine andere war, als alles, was davor kam in Sachen populärer Musik, und dass es genau das war, was die Leute brauchten und wollten.
Über die Aufnahme des Songs brauche ich mich hier nicht auszulassen. Wir haben ja alle schon gelesen, wie Steve Sholes versuchte (und daran scheiterte), Sam Phillips' Slapback-Echo zu imitieren, und dass man den Hall aus dem Treppenhaus des Studios benutzte (oder so ähnlich).
Ganz gleich wie wenig kommerziell oder auch nur vielversprechend "Heartbreak hotel" im ersten Moment erscheint, es ist eine klasse Nummer und die Performance, die Elvis und Band hinlegen, fängt den düsteren Charakter des Textes perfekt ein. Der erste Refrain wird neben Elvis' Gesang nur von Bill's Bass begleitet, erst beim nächsten Durchgang kommen Scotty und D. J. dazu, beim dritten Mal das Piano (Floyd Cramer). Elvis schwankt gesanglich von aufpeitschend (die Strophen) zu bedrückend (Refrain), was die Verzweiflung des Stücks perfekt wiedergibt.
Scotty's Solo ist - mal wieder - außerirdisch gut und wird von dem bluesig angehauchten Piano bestens unterstützt.
"Heartbreak hotel" dürfte vielleicht eine der seltsamsten Nummern sein, die Elvis aufgenommen hat und ist dadurch berechtigterweise selbst zu einer Legende geworden. Das hätte aber auch ganz schiefgehen können, etwa, wenn er so geklungen hätte wie das Demo.
Mit "I was the one" sind wir bei leichterer Kost. Zum ersten Mal gibt es Backgroundgesang auf einer Elvis-Platte. Dieser ist auch sehr schön, wobei ich auch den Backgroundgesang bei der Darbietung in der "Dorsey Brothers Show" sehr mag. Das Stück gehörte zu Elvis' Favoriten seiner eigenen Platten und er gibt sich redlich Mühe. Leider war er zu diesem Zeitpunkt noch nicht soweit, Balladen gut zu singen und auch wenn er hier einen besseren Job macht als auf "I'm counting on you" oder später im Jahr auf "I want you, I need you, I love you", ist er doch noch weit entfernt von dem, was wir später von ihm kennenlernen werden. Trotzdem eine schöne Aufnahme.

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Am 10. Januar 1956 nahm Elvis Heartbreak Hotel auf und wurde augenscheinlich zur ersten Single von Elvis bei dessen neuen Label bestimmt. Wie waren die Reaktionen darauf bei RCA?
Kurz gesagt: Es brach die blanke Panik aus.
January, 19. Discouraged and fearful of fiasco because of the negative in-house reaction to Heartbreak Hotel, Steve Sholes ploughs through the tapes RCA acquired from Sun. […] He assembled an EP record of Sun masters, thinking that at least this way he can recoup some of the investment if everything else fails.
January, 27. Heartbreak Hotel / I was the one is shipped
January, 30. Steve Sholes wants this recording [= Blue Suede Shoes] available in case Heartbreak Hotel fails.
Wie war das möglich?
Ein Grund dürfte der hohe Preis gewesen sein, den RCA für Elvis bezahlt hatte. 35.000,00 $ klingen für heutige Ohren nach vergleichsweise wenig Geld, aber damals war das sehr viel. Nur als Maßstab sei hier angeführt, dass Rock Hudson sich Mitte der 50er für rund 30.000,00 $ ein Haus in Hollywood kaufte.
Ein weiterer Grund lag ganz zweifelsohne in der Aufnahme selbst. Zum einen war man unzufrieden mit dem Sound, den man erzielte und zum anderen ist Heartbreak Hotel kein typisches Hit Material – ganz gleich wie man zu der Nummer steht.
Nun kann ich die Kritik, die damals geäußert wurde, dass der Klang nicht so warm und organisch sei, wie bei den Sun Aufnahmen bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Aber gab es je eine Nummer, bei der dieser steril kalte Hall jemals besser gepasst hat als bei Heartbreak Hotel? Ein Lied, welches ein trostloses Bild von einsamen Menschen mit gebrochenen Herzen und Versagern zeichnet, die es nie woanders schaffen werden? Dazu ist Elvis Gesang so nah an einem dran, dass man jeden Atemzug von ihm überdeutlich wahrnehmen kann. Das Lied ist mit seiner spartanischen Instrumentierung, die erst beim Solo nach 1.20 Minute durchbrochen wird, clever arrangiert. Ständiger Begleiter von Elvis ist der Bass mit gelegentlichen Einwürfen von Scotty. Das ist äußert effektvoll und trägt stark dazu bei, dass das Gefühl der Aussichtslosigkeit nicht nur durch den Text transportiert wird, sondern auch mittels der Musik erfahrbar gemacht wird. Perfekt ergänzt wird es durch Elvis sehnsuchtsvollen Gesang, in welchem er Seufzer geschickt einsetzt.
Das Demo von Glenn Reeves offenbart, was für eine wenig originelle Komposition Heartbreak Hotel bezüglich der Musik eigentlich ist. Tausendfach gehörte Bluesmuster, die es für mich schwer nachvollziehbar machen, was Elvis hier gehört hat.
Seine Einspielung belegt dann aber wieder, wie richtig er lag, dieser Nummer sein Vertrauen zu schenken, denn in seinen Händen und der seiner Musiker wird daraus ein großartiges Stück Popmusik.
Hört man sich die Songs an, die 1955 die Spitzenposition der Charts belegten, wie Mr. Sandman, Hearts of stone oder Rock around the clock, dann wird sehr deutlich, weshalb man bei RCA mehr als skeptisch war, ob diese Single der große Wurf für einen Label-Neuling sein wird, der bis dato regional bekannt war, aber keinesfalls landesweit ein Star. Im Nachhinein und dem Wissen, was für ein Klassiker Heartbreak Hotel mittlerweile ist, weiß es natürlich jeder besser und es ist leicht, sich über Steve Sholes und RCA lustig zu machen, aber ich kann ihre Befürchtungen durchaus nachvollziehen. ☆☆☆☆1/2
I was the one
I was the one ist das genaue Gegenteil von Heartbreak Hotel: ein Doo-Wop Song und damit voll im Trend der damaligen Zeit. Die B-Seite verfügt über eine äußerst hübsche Melodie, sodass sie für mein Geschmack im damaligen Umfeld durchaus eigenes Hitpotenzial gehabt hat, was ein eigenständiger Platz 23 in den Charts belegt. Elvis legt sich mit allem was er hat ins Zeug und Ben Stocker, Brock und Ben Speer sorgen für einen genregemäßen Backgroundgesang, dem es gut zu Gesicht gestanden hätte, noch stärker im Mix nach vorne gemischt zu werden, so wie es für Doo-Wop-Songs typisch ist. ☆☆☆☆
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"Heartbreak hotel"... was für eine seltsame Single. Nichts, aber auch nichts an dem Stück schreit nach "Hit-Song", [...]
"Heartbreak hotel" dürfte vielleicht eine der seltsamsten Nummern sein, die Elvis aufgenommen hat und ist dadurch berechtigterweise selbst zu einer Legende geworden. Das hätte aber auch ganz schiefgehen können, etwa, wenn er so geklungen hätte wie das Demo.
Schöne Besprechung!

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Sehr schöne Besprechung (wie immer), habe ich mit Freude gelesen.
Vielen Dank!
Ebenso schön zu sehen, wie eng wir hier beieinander liegen, obgleich ich deine Besprechung diesmal bewusst nicht vor dem Verfassen der meinigen gelesen habe, um frei aufschreiben zu können.
Ja, das fiel mir auch auf. Ich finde aber schön, dass du das Demo noch etwas eingehender thematisiert hast als ich. Das ist nämlich nicht nur unspektakulär, sondern auch grausam. Perfektes Beispiel dafür, was Elvis aus einer Vorlage machen konnte, auch wenn das Arrangement nicht vollkommen umgestöpselt wurde.
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Veröffentlichung: 05/1956 |
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Manche Quellen schreiben, dass Elvis IWYINYILY mochte, andere, dass es aus der Not heraus geboren wurde, da Elvis zu der Session erschien, das Lied nicht vorher kannte und auch selbst nichts anderes anbieten konnte. Soweit ich weiß, hat Elvis das Lied nach 1956 nie wieder live gesungen und ich kann verstehen weshalb. Eine biedere Schmonzette, die ungelenk komponiert wurde. Der Text passt mit seinem Silben hinten und vorne nicht zu den Takten der Melodie, weshalb Elvis gefühlt jedes dritte Wort in die Länge ziehen muss (hea-hea-hea-heart, I-I love you, but e-every time that you near oder u-u-until you came to me). Das wäre nicht so schlimm, wenn wenigstens die Melodie einen mitreißen oder berühren würde, stattdessen gibt es abgeschmackte Hausmannskost, die schon damals sehr antiquiert gewirkt haben muss. Für mich eine der schwächsten Singles in Elvis Katalog und ich bin versucht, eine Ein-Stern-Bewertung zu ziehen, aber ich finde, diese Ehre sollte Peinlichkeiten wie Queenie wahines papaya vorenthalten bleiben, weshalb es von mir ☆☆ gibt.
My baby left me
Was für ein Kontrast zur A-Seite. Ein kurzes Schlagzeugintro (ich liebe Schlagzeugintros

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Zumal ihr Vögel auch oft Punkte nennt, die mir nie aufgefallen sind, ihr meine Sicht auf diese Aufnahmen erweitert. Vielen Dank dafür.
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My Baby Left Me ist da tatsächlich eine vollkommen andere Baustelle. Das fulminante Intro aus hart knallenden Schlägen auf die Snare und sich anschließend zum Grundakkord A runterarbeitendem Bass leitet eine quasi Neuauflage von Elvis erster Single "that's allright" ein die deutlich macht, welche Entwicklung in Sachen Können und Selbstverständnis in der Zwischenzeit bei Elvis stattgefunden hatte. Klang die Sun-Version der von Cudrup mehrfach neu betexteten Melodie ländlich, unschuldig und war eher fließend, so ist die neue Einspielung urban, hart, wird der Text rhythmisch stärker akzentuiert. Die Instrumentierung ist tight, fordernd, ein Erdbeben. Elvis Stimme klingt reifer, aggressiver, sexueller. Das "dadadadididididi" aus dem Original von Cudrup spart sich der King bei diesem Cover - er hatte es bereits in der Sun-Aufnahme verbraten. Dennoch, das hier ist ein absoluter Elvis-Klassiker:

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Elvis 4ever
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Wie auch immer es war, am Ende steht wohl eine der schwächsten A-Seiten, die Elvis veröffentlichte. Es stimmt zwar, das Lied klingt anders als die typischen Popballaden der Zeit; keine Frage. Aber es klingt halt auch scheiße. Elvis' Gesang nölt so vor sich hin und wirkt eher, als würde er den Text vorlesen. Ich stimme fronk zu, dass seine Leistung bei der Milton Berle Show besser anzuhören ist.
Auf dem Weg zur Session stürzte das Flugzeug, in dem Elvis, Scotty, Bill und D. J. saßen, beinahe ab. Möglicherweise saß ihm der Schrecken noch im Nacken. Aber trotzdem rechtfertigt das die Veröffentlichung als A-Seite nicht.
Denn die B-Seite hat es in sich. Ein definitiver Kandidat für Elvis' beste Aufnahme der 50er. Man hält sich grob an Crudup's Original (inkl. Schlagzeugintro und folgendem Bass), aber was man am Ende als Gesamtprodukt vorlegen kann, strotzt vor Frische und rockt wie wenig anderes, das zuvor kam. Elvis singt nasal anstatt mit einer ähnlich vollen Stimme wie man es von seiner vorherigen Nummern kennt. Scotty wartet mit einem genialen Part auf. Hier passt alles, die einzelnen Teile zueinander, aber auch der Gesamtsound zum Song. Während Arthur Crudup - wir kennen es auch von "That's alright", aber auch generell von R'n'B-Platten - einen starken Akzent auf den Backbeat legt, hat diese Rock'n'Roll Version ein lockereres Feeling, das die starke Betonung ein wenig, aber auch nur ein wenig, zurücknimmt und dafür ein "swingendes" Feeling vermittelt, wie man es auch aus einigen Bereichen der Countrymusik kennt.
Ohne wirken zu wollen, als würde ich allzu leicht mit solchen Beurteilungen um mich werfen (jedenfalls in diesem Thread), kann ich "My baby left me" nur als grandiose Aufnahme bezeichnen. Ich mag auch die Liveversion von '74 sehr gerne. James Burton updatet Scotty's Lick zu einem funky Sound, zu dem Ronnie Tutt's Schlagzeug-Part sehr gut passt.
Weil die B-Seite so stark ist:

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