file Leni Riefenstahl ist tot

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10 Sep. 2003 13:56 #179095 von Charles
Charles antwortete auf Leni Riefenstahl ist tot

<span style='font-size:12pt;line-height:100%'>Eine von Millionen</span>

<span style='font-size:11pt;line-height:100%'>Ein notwendiger Nachtrag zu den 100er Feiern Leni Riefenstahls. </span>

“Frau Leni Riefenstahl verpflichtet sich gegenüber Zäzilia Reinhardt, nicht mehr folgende Behauptung aufzustellen und/oder aufstellen zu lassen, zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen: 'Frau Riefenstahl habe alle Zigeuner, die in dem Film Tiefland mitgewirkt haben, nach Kriegsende wiedergesehen und keinem einzigen sei etwas passiert.”

Mit dieser Unterlassungserklärung reagierte Riefenstahl Mitte August auf die Androhung einer Klage wegen Volksverhetzung. Offensichtlich haben ihre Anwälte ihr geraten, in diesem Fall besser nachzugeben. Schließlich ist seit langem bekannt, mit Dokumenten der Riefenstahl-Produktion und Todeslisten von Auschwitz auch belegt und bewiesen, dass ein großer Teil der Sinti und Roma, die sie sich als StatistInnen und NebendarstellerInnen aus den KZs Maxglan bei Salzburg und Marzahn in Berlin holte, nach Beendigung der Dreharbeiten in Konzentrations- und Vernichtungslagern umkam. Dass sie das trotzdem noch heute leugnet, so weit sie kann, zeugt nur einmal mehr davon, wie sehr das Leugnen jeglicher Schuld zum automatisiert eingeübten Reflex geworden ist, mit dem die Unbelehrbare seit Jahrzehnten jede Frage nach ihrer Verantwortung abzutun gewöhnt ist.

Sie habe von nichts gewusst, sie sei nur Künstlerin gewesen, mit ihrer Begeisterung für Hitler und die Nazis sei sie schließlich nur eine von Millionen gewesen. Sie habe persönlich niemandem etwas getan. Sie sei immer nett zu den “Zigeunern” gewesen. Dass sie mit ihren Filmen maßgeblich dazu beigetragen hat, Millionen für Hitler und den Nationalsozialismus zu begeistern, dass sie die Verfolgung von Roma und Romnia und Sinti und Sintezzas für ihren persönlichen Vorteil ausnützte, dass sie der Meinung war: “Wenn der Führer fand, sie (die Zigeuner) gehören dahin (ins KZ), dann gehören sie dahin”, wie es der Schweizer Journalist Curt Riess berichtet, hat sie alles nie zugegeben geschweige denn bereut.
Nach dem Reichsparteitagsfilm “Triumph des Willens” und den Olympiafilmen “Fest der Völker” und “Fest der Schönheit” nahm Leni Riefenstahl ihr nächstes Projekt in Angriff: einen kitschigen Spielfilm nach den Motiven von Adolf Hitlers Lieblingsoper “Tiefland”. In den Sommern 1940 und 1941 drehte sie in Krün bei Mittenwald, die StatistInnen, die SpanierInnen darstellen sollten, suchte sie sich aus Sinti, die in Salzburg-Maxglan in einem Lager inhaftiert waren. Im Jahr 1941 drehte sie dann in Potsdam-Babelsberg im Studio. Wieder holte sie sich Sinti und Roma als unbezahlte ZwangsstatistInnen, diesmal aus dem Internierungslager Marzahn. Über 50 Jahre dauerte es, bis die Stimmung nun in der deutschen Öffentlichkeit und der deutschen Justiz so weit ist, dass Leni Riefenstahl sich gezwungen sieht, der Forderung einer damaligen Zwangskomparsin, Zäzilie Reinhardt, zumindest so weit nachzugeben, dass sie nicht weiter das Andenken an die ermordeten Verwandten durch freche Leugnung ihres Schicksals beleidigt.

1949 hatte Leni Riefenstahl den Verleger Helmut Kindler verklagt, der in der damals weit verbreiteten Zeitschrift “Revue” einen Artikel veröffentlichen hatte lassen, der Leni Riefenstahl beschuldigte, sich für “Tiefland”- StatistInnen aus dem KZ Maxglan geholt zu haben. Als Zeuge im Prozess trat ein Dr. Böhmer auf, der versicherte, Maxglan sei “kein KZ-Lager ebenso kein Sammel- oder Auffanglager im Sinne der damals hierüber herausgegebenen Erlasse, sondern ein Wohlfahrtsfürsorgelager eigener Prägung unter kriminalpolizeilicher Leitung und Fürsorgeverwaltung” gewesen. SS-Sturmbannführer Dr. Böhmer war in seiner Eigenschaft als Leiter der Kriminalpolizei Salzburg für die Errichtung des Lagers Maxglan persönlich verantwortlich gewesen. Böhmer wurde geglaubt, Kindler verurteilt, Riefenstahl bekam Recht.

Erst Jahrzehnte später, als Leni Riefenstahl im Jahre 1984 die Filmemacherin Nina Gladitz verklagte, galt SS-Sturmbannführer Dr. Böhmer schließlich nicht mehr als glaubwürdiger Zeuge. Nina Gladitz bekam immerhin in 3 von 4 Punkten Recht. Seither darf gesagt werden, Riefenstahl habe sich die Roma und Sinti in den KZs Maxglan und Marzahn ausgewählt und zwangsverpflichtet. Es wurde erwiesen, dass sie den Leuten keinen Lohn zahlte und sie als ZwangsarbeiterInnen unter Polizeibewachung arbeiten ließ, “zu ihrem persönlichen Nutzen den Status als Zwangsverpflichtete aufrechterhielt”. Im vierten strittigen Punkt allerdings bekam damals Riefenstahl Recht. Eine Aussage des Überlebenden deutschen Sinto Josef Reinhardt, er habe persönlich Riefenstahl erklärt, dass die Zigeuner nach Beendigung der Dreharbeiten in Auschwitz vernichtet werden würden, hielt das Gericht für nicht glaubwürdig. Nina Gladitz’ Film “Zeit des Schweigens und der Dunkelheit” durfte nicht mehr gezeigt werden. In einem Begleitbrief zur Unterlassungserklärung erklärt Horst Kettner, ihr Lebensgefährte und Mitarbeiter: “Auch war ihr nicht bekannt, dass die Sinti und Roma, die an ihrem Film 'Tiefland' mitwirkten, später in Konzentrationslager oder gar nach Auschwitz deportiert werden sollten” (Pressemitteilung der Riefenstahl-Produktion vom 7. 8. 2002).

Da gibt es aber 2 österreichische Zeitzeuginnen, die das Gegenteil behaupten. Die Linzer Sintezza Rosa Winter wurde 1923 geboren. Die 14 Familiemitglieder zogen als MarktfahrerInnen durch Österreich. 1939 wurden sie in Salzburg von der Polizei angehalten, ihrer Wagen und Pferde beraubt und in einem Sammellager auf einer Trabrennbahn festgehalten. 1940 wurde die Familie in Maxglan interniert, wo Rosa Winter von Leni Riefenstahl als Statistin ausgesucht wurde. Rosa Winter allerdings flüchtete von den Dreharbeiten in Krün, wurde jedoch bald wieder gefasst und nach Salzburg ins Gefängnis gebracht. “Nach einigen Tagen ist die Helene Riefenstahl persönlich zu mir gekommen und hat erwartet, dass ich mich niederknie und um Verzeihung bitte. Ich hab das nicht gemacht, aber meine Mutter ha’s für mich gemacht, die Riefenstahl meinte aber: ‘Nein sie kommen in ein KZ.’ Ich bin dann nach Ravensbrück gekommen”, erzählt Rosa Winter. Als einzige ihrer Familie überlebte sie den Nationalsozialismus.

Auch Frau A. B., die aufgrund des immer noch starken Antiziganismus in Österreich ihren vollen Namen lieber nicht genannt wissen möchte, war als Statistin zwangsverpflichtet. Sie doubelte in einer Reitszene Riefenstahl. Riefenstahl war mit A. B.s Leistung so zufrieden, dass sie ihr einen Wunsch freistellte. Nach Beratung mit ihrer Mutter wünschte sie sich von Leni Riefenstahl, die möge doch ihre Geschwister aus den KZs Ravensbrück und Buchenwald herausholen. Alle könne sie nicht befreien, aber wenigstens den herzkranken Bruder Mathias Krems werde sie versuchen aus Buchenwald zu holen, versprach Riefenstahl. Und wirklich: Am 22. Januar 1941 wurde Mathias Krems von Buchenwald nach Salzburg gebracht. Allerdings haben weder er noch die anderen Brüder überlebt. Nach der Auflösung von Maxglan wurden sie wieder nach Buchenwald gebracht, wo Mathias im März 1944 und der Bruder Rudolf, Statist Nr. 30, im September 1944 ermordet wurden.

Aber nicht nur ein Eingeständnis ihrer Schuld ist es, worauf die wenigen Überlebenden Sinti und Roma vergeblich warten. Sie wurden für die Zwangsarbeit bei Riefenstahl auch nie entschädigt, während Riefenstahl die Tantiemen für den Film kassiert. Und: Im Abspann des Filmes die Umstände der Mitarbeit der Sinti und Roma zu erklären, sie alle namentlich zu erwähnen und explizit derer zu gedenken, die in den nationalsozialistischen Lagern ermordet wurden, wäre das Mindeste. Eigentlich sollte Riefenstahl anständigerweise die Rechte an dem Film an die Sinti und Roma übertragen. Aber dazu wäre Einsicht in Schuld vonnöten.


<span style='font-size:8pt;line-height:100%'>Quelle: Malmoe.Org</span>

„Zeit, die man zu verschwenden genießt, ist nicht verschwendet.“ —  John Lennon

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10 Sep. 2003 14:40 #179143 von Viva Las Vegas
Viva Las Vegas antwortete auf Leni Riefenstahl ist tot
Leni Riefenstahl hatte es drauf, ohne Zweifel! Ihre Filme (wobei der Inhalt, bzw. dessen Verwendung fraglich ist) sind Meilensteine und Monumente der Filmkunst.

Vermutlich hat sie zeitlebens einfach den Fehler begangen, sich nicht in aller Deutlichkeit von den Nazis zu distanzieren. Das ist traurig, vielleicht hatte sie jedoch wirklich nicht das Gefühl, Unrecht getan zu haben. Hier verweise ich z. B. auf die deutschen Raketenbauer (z. b. von Braun), welche trotz erheblich größer Verfehlungen seelenruhig 1946 rehabilitiert und ab diesem Zeitpunkt Verwendung in us-amerikanischen Militär-Einrichtungen fanden.

Ich mochte Lenie Riefenstahl, ihre Art, die Dinge zu sehen und habe sie rein zufällig zuletzt am vergangenen Sonntag als Zeitzeugin zum Thema "Ernst Udet - eine deutsche Fliegerlegende" im Fernseh bewundern dürfen.

Ruhe in Frieden, Leni. :rose:

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10 Sep. 2003 14:43 #179149 von Eva-Maria
Eva-Maria antwortete auf Leni Riefenstahl ist tot

Diese Frau ging für ihre Karriere im wahrsten Sinne des Wortes 'über Leichen'! :down:

Sie ist ja nicht fürs das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen worden, sondern nur gestorben. Ich sehe diesen Thread als Hinweis auf die Tatsache.

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10 Sep. 2003 14:58 #179175 von Datcheffe
Datcheffe antwortete auf Leni Riefenstahl ist tot

........., sondern nur gestorben. Ich sehe diesen Thread als Hinweis auf die Tatsache.

Dieses finde ich aber bei dieser Person nicht erwähnenswert. :kopf2:

Sie ist in meinen Augen dadurch auch kein nationaler Star. :down:

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  • Gelöschter Nick
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10 Sep. 2003 15:05 #179181 von Gelöschter Nick
Gelöschter Nick antwortete auf Leni Riefenstahl ist tot
in einem interview hat sie es mal so dargestellt: um an künstlerisch anspruchsvolle filmprojekte zu gelangen, mußte sie sich mit den damaligen machthabern einlassen und arrangieren. die reichsparteitagsfilme waren ein notwendiges übel um das machen zu können was sie wirklich wollte. ich finde es auch mutig von ihr dass sie in deutschland geblieben ist und nicht, wie viele andere, z.B. nach hollywood gegangen ist (obwohl angebote vorlagen). sie sah sich dem deutschen film verpflichtet.
indem sie hier und da eine auftragsproduktion für die nais machte, ließen diese ihr auf der anderen seite absolute narrenfreiheit bei ihren eigenen filmen. diese möglichkeiten hatte in der damaligen zeit kein anderer in deutschland.

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10 Sep. 2003 15:12 #179196 von Eva-Maria
Eva-Maria antwortete auf Leni Riefenstahl ist tot

Dieses finde ich aber bei dieser Person nicht erwähnenswert. :kopf2:

Sie ist in meinen Augen dadurch auch kein nationaler Star. :down:

Der Thread heisst "Die anderen Stars & Sternchen". Gönnst du ihr wenigstens die Bezeichnung Sternchen.

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10 Sep. 2003 15:14 #179200 von Datcheffe
Datcheffe antwortete auf Leni Riefenstahl ist tot

Gönnst du ihr wenigstens die Bezeichnung Sternchen.

Nein.

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  • Vincent-The-Falcon
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10 Sep. 2003 15:38 #179216 von Vincent-The-Falcon
Vincent-The-Falcon antwortete auf Leni Riefenstahl ist tot

"Ihr Herz ist einfach stehen geblieben", sagte ihr 40 Jahre jüngerer Lebensgefährte und Kameramann Horst Kettner, der bis zuletzt bei ihr gewesen ist."

:up: <_< :( :null:

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